Ayurveda in Kerala (Part 3) – Back to school

Ui die Zeit verfliegt hier nur so… Da dies mein erster Beitrag in diesem Jahr ist, wünsche ich Euch allen von Herzen ein frohes neues Jahr!

Wie bereits an Weihnachten hatte ich auch an Silvester das große Glück, Menschen zu treffen, die den Abend mit mir verbringen wollten. So war ich wieder Gastgeberin und wir haben den Abend mit vegetarischen Curries und Lagerfeuer verbracht – und ohne Alkohol. Um 23h bin ich in die Yoga-Shala auf dem Dach gegangen und habe dort ins neue Jahr meditiert. Als ich Feuerwerk gehört habe, bin ich aufgestanden und habe die Aussicht genossen –  bunte Lichter zwischen Palmen. Der Neujahrstag hat mit Yoga gestartet und mit einem Strandbesuch mit Freunden zum Sonnenuntergang geendet – es kamen sogar Delfine vorbei geschwommen. Ich nehme das alles als sehr gutes Omen für ein phantastisches 2019.

Auf zur Ayurveda-Schule

Der Abschied von Varkala fiel mir schwer, obwohl ich wusste, dass ich bald wieder dort sein werde. Nach einer 12-stündigen Zugfahrt bin ich in Kannur angekommen, um dort eine Ayurveda-Schule zu besuchen. Auf dem Weg erhielt ich eine Nachricht, dass ganz Indien für die nächsten 2 Tage streiken würde und alle Geschäfte und Restaurants geschlossen sein werden. Müde und hungrig musste ich mich in dem neuen Ort also mit ausreichend Verpflegung eindecken. In der neuen Unterkunft angekommen war ich erstmal nicht so angetan. Es handelte sich um ein leuchtend rotes Haus, das aus mehreren Wohnungen mit jeweils zwei Schlafzimmern und geteilter Küche und Wohnraum bestand. Es kam mir so vor, als ob dort seit Jahren niemand mehr gewohnt hätte. Alles war etwas miefig, der Herd funktionierte nicht, ich hatte eine riesige Kakerlake im Badezimmer, Wlan gab es nur unten an der Rezeption und außer mir war niemand dort. Nun gut – ich war müde und ging schlafen. In der Nacht kam dann meine Mitbewohnerin Gabriela aus Ecuador an. Zu zweit war es etwas netter und nachdem wir uns mit den Gegebenheiten arrangiert hatten, habe ich das WG-Leben mit ihr schlussendlich richtig genossen.

Anjali – School for Ayurveda and Panchakarma

Die nächste Zeit haben wir uns gefühlt, als würden wir in Indien leben. Wir hatten einen normalen Alltag und haben unsere Zeit überwiegend in der Schule und zu Hause verbracht. Naja gut, ein täglicher Strandbesuch am Morgen oder zum Sonnenuntergang war schon drin.

In der Schule hatten wir am Vormittag Theorie-Unterricht bei Frau Dr. Sapna und am Nachmittag praktischen Unterricht, in dem wir verschiedene ayurvedische Massagen gelernt haben. Am Anfang war ich hellauf begeistert, zum Ende hin ging mir die gute Frau Dr. Sapna jedoch etwas auf die Nerven. Sie hat sich ständig wiederholt und hatte so eine Art immer Fragen zu stellen, die sie dann selbst in einem etwas überheblichen Ton beantwortet hat. Außerdem hat sie knallhart ihr Ding durchgezogen und war so gar nicht flexibel, auf Interessen von uns Studenten einzugehen. Durch die ständigen Wiederholungen sind die Grundlagen aber tatsächlich ganz gut hängen geblieben. Es hat eben immer alles zwei Seiten.

Der praktische Unterricht hat mir dafür sehr gut gefallen. Während ich meine erste Massage dort gegeben habe, hatte ich wieder diese Glücksgefühle, wie bei meiner ersten Shiatsu-Behandlung. Massagen zu geben und in dieser Form einer anderen Person Entspannung zu schenken ist einfach etwas Tolles. Ich habe auch ganz wundervolles Feedback von den anderen Studenten bekommen. Das schönste kam von dem Italiener Daniele nach einer Gesichtsmassage. Als ich fertig war griff er meiner Hände legte sie auf seinen Kopf und sagte, dass ich neben der sehr guten Technik auch das besondere Etwas hätte, dass es für eine Massage braucht. Eine andere Studentin sagte, ich hätte heilende Hände. Diese Komplimente freuen mich natürlich riesig!

Kapha-Pitha-Constitution with Pitha and Vata Aggravation

Ich habe die Gelegenheit genutzt und eine ausführliche Konsultation bei Frau Dr. Sapna wahrgenommen. In dem Gespräch wurden mir zahlreiche Fragen über meine Kindheit, meinen Stuhlgang, meine Gewohnheiten etc. gestellt und eine körperliche Untersuchung inklusive Pulsdiagnose durchgeführt. Anschließend wurde mir meine Konstitution mitgeteilt und ich habe viele Tipps bekommen, wie ich meine persönliche Lebensqualität verbessern kann. Wie die meisten Studenten in meiner Klasse habe ich laut Frau Dr. Sapna eine Kapha-Pitha-Konstitution mit erhöhtem Vata und Pitha. Dank der guten Konstitution meiner Eltern habe ich laut Frau Dr. Sapna ausreichend Kapha (Element Erde), was mir eine stabile und gesunde Grundausstattung mitgegeben hat. Im Laufe des Lebens ist aber eine leichte Inbalance eingetreten, die es nun auszugleichen gilt. Das erhöhte Vata (Element Luft) lässt meinen Geist zu viel wandern und macht mich etwas umtriebig. Wie schon andere Ärzte zuvor, hat sie mir geraten langsam Wurzeln zu schlagen und feste Routinen in meinen Tag einzubauen. Das Pitha (Element Feuer) befindet sich vor allem in meinem Kopf und sorgt unter anderem für meine Migräne. Sie hat mir Meditationstechniken, ayuvedische Öle und pflanzliche Medikamente empfohlen, die das Pitha reduzieren sollen.

Ayurveda – das Wissen vom Leben

Ich bin super froh, jetzt einen Einstieg in Ayurveda gefunden zu haben. Mir war zuvor gar nicht bewusst, wie sehr Yoga und Ayurveda Hand in Hand gehen. Letztendlich geht es bei beidem darum, in Harmonie mit der Umwelt und sich selbst zu leben und Körper, Geist und Seele gesund und glücklich zu halten. Mir gefällt der ganzheitliche Ansatz im Ayurveda sehr. Es wird immer die Ursache eines Problems behandelt, so dass dauerhafte Heilung eintreten kann. Allerdings muss der Patient hierfür auch selbst Verantwortung übernehmen und seine Lebensgewohnheiten umstellen. Unsere westliche Herangehensweise von jahrelangem Tabletten schlucken und weiter einen ungesunden Lebensstil pflegen, kommt mir inzwischen völlig absurd vor (auch wenn ich dies selbst jahrelang so gehandhabt habe).

Als Kosmetikwissenschaftlerin fand ich auch sehr interessant, was für eine große Rolle die Pflege von Haut und Haar im Ayurveda spielt. Mich hat an der westlichen Kosmetik immer gestört, dass wir unsere Haut mit Seife austrocknen und dann wieder Feuchtigkeit in Form von Cremes verwenden, um das auszugleichen. Wie in der Medizin geht Ayurveda auch hier präventiv vor. Man ölt sich ganz einfach vor dem Waschen ein, so dass die Haut gar nicht erst austrocknet. Macht für mich total Sinn und ich teste das gerade ausführlich.

Frauen in Indien

In meiner Klasse waren neben vielen Touristen aus der ganzen Welt auch vier indische Ladies aus Mumbai. Diese vier Damen hatten bereits einen Bachelor in ayurvedischer Medizin, wollten sich aber in Kerala weiterbilden, da dort der Ursprung des Ayurvedas liegt und sich die Massagetechniken von denen in Nordindien unterscheiden. Es war super interessant, sich mit ihnen über Ayurveda und das Leben als Frau in Indien zu unterhalten. Mir wurde einmal mehr bewusst, wie viele Freiheiten ich genieße und wie sehr sich das Leben in Deutschland von dem in Indien unterscheidet. Auch in den Verhaltensweisen wurde unsere unterschiedliche Prägung immer wieder deutlich.

Während wir Westlerinnen im praktischen Unterricht durchaus auch mit den männlichen Studenten zusammengearbeitet haben, sind die Inderinnen unter sich geblieben. Als es an die Ganzkörpermassagen ging, wurden wir nach Geschlechtern getrennt. Unsere vier indischen Ladies haben sich aber auch unter uns Frauen nicht ausziehen wollen. Ich frage mich, wie der Unterricht vonstattengegangen wäre, wenn wir Westlerinnen ebenso schamig gewesen wären.

Noch deutlicher wurde der Unterschied bei bei einem Strandbesuch mit der Spanierin Eva und der Inderin Pooja. Eva und ich haben uns in unseren Bikinis in die Fluten gestürzt, während Pooja mit Radlerhose und Top am Strand saß. Nach einiger Zeit fiel mir auf, dass zwei junge Männer in der Nähe von Pooja standen und sie auf unangenehme Weise angeguckt haben. Als Eva und ich deswegen zurück an den Strand gingen, haben sie Abstand genommen. Pooja sagte, wir sollen ruhig wieder schwimmen gehen. Nach kurzer Zeit kam der eine Mann jedoch sehr nah zu ihr und wir haben beschlossen zu gehen. Als die Jungs Eva und mich unverschämt nach Selfies fragten, haben wir ihnen deutlich unsere Meinung gesagt und waren sie los.

Auf dem Rückweg erzählte Pooja uns, dass die indischen Frauen nicht so selbstbewusst sind wie wir und sich nicht trauen, sich gegen solche Männer zur Wehr zu setzen. Deswegen gehen sie selten alleine raus und erst recht nicht im Dunkeln. In Indien gibt es getrennte Hostels für Frauen und Männer. In den Männerhostels gibt es keine Regeln, die Frauen müssen aber mit Einbruch der Dunkelheit zurück sein. Wenn die Gefahr von den Männern ausgeht, sollte man dann nicht die Männer wegsperren und die Frauen machen lassen was sie wollen?! Das ist doch keine Lösung! Es sollte viel früher angesetzt werden. Die Mädchen müssen selbstbewusst erzogen werden und den Männern muss beigebracht werden, wie man sich zu benehmen hat. Natürlich gibt es in Indien Entwicklungen und Veränderungen und es gibt selbstbewusste Frauen, soziale Projekte etc. Aber bis zu einer annähernden Gleichberechtigung scheint es noch ein sehr weiter Weg zu sein.

 

Back to my final Destination

Nach einer Nachtzugfahrt bin ich nun zurück in Varkala und habe noch 3 weitere Wochen vor mir. Hier konzentriere ich mich auf meine Yogapraxis, nehme mir Zeit durch meine Yoga- und Ayurveda-Bücher zu gehen und finde auch wieder Zeit zum Schreiben. Ich werde die neu erlernten Massagen üben und bei Bedarf habe ich hier genug Lehrer um mich rum, bei denen ich noch Workshops besuchen kann. Außerdem habe ich hier eine Freundin aus dem Yoga Teacher Training wiedergetroffen und habe dadurch auch noch wundervolle Gesellschaft.

Sonnige Grüße und Namaste,

Lea

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