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Menstruation – der Zyklus der Frau aus Sicht des Ayurveda (Teil 1)

Die Frau ist ein zyklisches Wesen – durch den Menstruationszyklus und die damit einhergehenden Hormonumstellungen ist die Frau einem Zyklus unterworfen, der genauso wie die Jahreszeiten, verschiedene Eigenschaften und Qualitäten mit sich bringt. In unserer Leistungsgesellschaft, die eher durch männliche, statische Eigenschaften geprägt ist, bleibt für die meisten Frauen wenig Raum, diese Phasen bewusst wahrzunehmen, geschweige denn, sie für sich zu nutzen. Oft werden die Menstruation und die damit einhergehenden Beschwerden als lästig empfunden und als Hindernis, den gewohnten Aktivitäten nachzugehen. Im Yoga und Ayurveda geht es darum, mit der Natur und dem eigenen Körper in Einklang zu kommen. In diesem Blogartikel beschreibe ich den Zyklus der Frau aus ayurvedischer Sicht und gebe Vorschläge, wie Frauen die verschiedenen Phasen des Zyklus für sich nutzen können.

 

Was passiert im weiblichen Körper – Biologische Grundlagen

Um den Zyklus zu verstehen beschreibe ich zunächst, was biologisch im weiblichen Körper jeden Monat passiert. Wenn dir dies vertraut ist, kannst du den Teil gerne überspringen.

Der Zyklus besteht aus circa 28 Tagen und der Grund liegt in der Fortpflanzung. Er beginnt mit dem ersten Tag der Regelblutung und endet am Tag bevor erneut die Blutung einsetzt.  In die folgenden vier Phasen kann der Zyklus eingeteilt werden:

Die erste Phase ist die Blutung, die je nach Frau 3 bis 7 Tage andauert.

Darauf folgt die zweite, die Follikel- oder Proliferationsphase. In diesen 11 bis 14 Tagen steigt die Durchblutung in der Gebärmutter an und es baut sich Schleimhaut auf, um die Einnistung des befruchteten Eis vorzubereiten. Gleichzeitig reifen in den Eierstöcken Eibläschen heran. Ein Eibläschen reift aus, platzt auf und eine Eizelle wird herausgegeben. Das Östrogen steigt in dieser Phase an.

Die dritte Phase ist der Eisprung/die Ovulation. Die erhöhte Östrogenkonzentration löst einen sprungartigen Anstieg des luteinisierenden Hormons (LH) aus. Dieser LH-Anstieg bewirkt die Ausstoßung der reifen Eizelle aus dem Eierstock. Das Ei kann bis zu 24 Stunden nach dem Eisprung durch Spermien befruchtet werden. Der Eisprung findet etwa in der Hälfte des Zyklus, circa 11 bis 16 Tage nach Einsetzen der Blutung, statt. Einige Frauen spüren in dieser Zeit ein Ziehen im Unterleib.

Die vierte Phase wird Luteal- oder Gelbkörperphase genannt und stellt die zweite Zyklushälfte dar. Dies ist die Phase vom Eisprung bis zur nächsten Blutung, sie dauert circa 11 bis 14 Tage. Der Gelbkörper produziert verschiedene Hormone, v.a. Progesteron. Dieses Hormon ermöglicht die Einnistung einer befruchteten Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut und ist für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft wichtig. Kommt es nicht zur Befruchtung, bildet sich der Gelbkörper gegen Ende der Lutealphase wieder zurück. Dadurch geht auch die Hormonproduktion wieder zurück, die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen und die nächste Periodenblutung setzt ein.

Ayurveda – die Doshas

Um die Einordnung der Menstruation im Ayurveda zu verstehen, benötigen wir etwas Wissen über die Doshas. Die Doshas sind vereinfacht ausgedrückt Eigenschaften, die uns und unsere Welt erklären – oft werden sie auch als Energien bezeichnet. Jeder Mensch wird mit einer bestimmten Konstitution geboren, die sich aus den folgenden drei Doshas zusammensetzt.

Vata steht für das Luftelement, für den Herbst, es ist kalt, flexibel, trocken und durchdringend. Durch Vata werden die Bewegungsabläufe im Körper gesteuert. Es steht für Aktivität und Bewegung. Ein Mensch mit ausgeprägtem Vata wäre ein Luftikus mit unruhigem Geist, der begeisterungsfähig ist, sprunghaft und sich ungern festlegt.

Pitta steht für das Feuerelement, für den Sommer, es ist heiß und trocken. Im Körper ist es für die biochemischen Aktivitäten und das Produzieren von Wärme verantwortlich. Außerdem beeinflusst es den Stoffwechsel. Ein Mensch mit ausgeprägtem Pitta ist strukturiert, organisiert, bewegt sich viel und gern, hat häufig Hunger und verdaut sehr schnell. Er neigt zu Ungeduld und ärgert sich schnell.

Kapha steht für das Wasser- und Erdelement, für den Frühling, es ist kühl. Es steht für Stabilität, das Mütterliche, Nährende und ist körperlich für das Feste, Strukturgebende, z.B. Knochen und Zähne verantwortlich. Das Grundprinzip ist Trägheit. Ein Mensch mit ausgeprägtem Kapha ist ruhig, beständig und zuverlässig, neigt zu Melancholie und Trägheit.

In jedem Menschen sind die Doshas in unterschiedlicher Ausprägung vorhanden. Dies bestimmt unseren Körperbau und auch unseren Charakter. Doch auch um uns herum sind diese Doshas vorhanden und nehmen Einfluss auf uns, so dass ein Dosha-Ungleichgewicht entstehen kann. So wird zum Beispiel ein Mensch, der bereits viel Vata hat, im Herbst noch luftiger und unruhiger, weil im Herbst das luftige Vata-Dosha vorherrscht. Auch das Wohnen in einem Hochhaus oder das Fliegen im Flugzeug, also alles was mit Luft und Wind zu tun hat, können Vata erhöhen.

Ayurveda und der Zyklus

Genauso wie die Jahreszeiten nimmt auch unser Zyklus Einfluss auf die Doshas. Im Ayurveda wird der Zyklus in drei Phasen unterteilt, die den drei Doshas zugeordnet werden können. Durch den Einfluss des jeweils vorherrschenden Doshas kann jede Phase anders energetisch genutzt werden.

Die erste Phase ist auch hier die Zeit der Menstruationsblutung, in dieser Phase ist das Luftelement Vata (windig, unruhig, bewegt) vorherrschend. Im Ayurveda wird immer durch die Gegensätze ausgeglichen. Da hier nun das bewegte Vata (Luftelement) steigt, brauchen wir Erdung und Ruhe. Dies ist also die passende Zeit, nach innen zu kehren, aus dem Tun heraus zu kommen und mehr zu fühlen. Frauen dürfen sich hier erlauben zu sein. Natürlich ist dies je nach Lebensmodell nicht immer leicht umzusetzen, aber man kann versuchen, sich in diesen Tagen nicht zusätzlichen Stress aufzuladen und auf Verabredungen zu verzichten. Vata fördert außerdem die Kreativität. Hier können Frauen ins Träumen kommen, überlegen was sie im nächsten Monat tun wollen. Nicht machen, sondern nur Ideen sammeln und sich Dinge vorstellen.

Biologisch reinigt sich der Körper hier. Überschüssiges wird abgestoßen und ausgeschieden. Auch energetisch kann diese Zeit daher zum Reflektieren und Loslassen genutzt werden. Wer mag kann dazu Rituale durchführen, Tagebuch schreiben oder passende Meditationen und spirituelle Praktiken anwenden.

 

Die zweite Phase geht von Ende der Blutung bis zum Eisprung. In dieser Phase dominiert das Wasser- und Erdelement Kapha. Wie beschrieben wird hier der Körper auf die Befruchtung vorbereitet. Passend dazu steht Kapha für den Aufbau neuen Lebens, es gibt Struktur und nähert.

In dieser Phase fühlen sich die meisten Frauen vital, voller Energie und ruhen in sich. Was man sich in der kreativen Vata-Phase erträumt hat, kann jetzt konkret geplant und strukturiert werden. Kapha hilft uns mit klarem Verstand und Ruhe an Dinge heranzugehen. Außerdem erdet es uns, so dass wir hier aktiv sein können, ohne uns zu überfordern.

 

Die dritte Phase beginnt mit dem Eisprung und dauert etwa bis zum Einsetzen der nächsten Blutung. Diese Phase wird zu Beginn bestimmt durch das Feuerelement Pitta. Je näher die nächste Blutung rückt, desto mehr Vata kommt wieder hinzu.

Passend zum Eisprung bringt Pitta die Haut zum Strahlen, schenkt Energie und gute Laune. Die Frau steht buchstäblich in voller Blüte und ist biologisch bereit für die Befruchtung. Diese Zeit ist die produktivste Phase. Frauen können dies nutzen, indem sie sich hier wichtige Termine legen, bei denen sie präsent sein und sich selbstbewusst fühlen wollen. Es ist die perfekte Zeit für Vorträge, Verhandlungen und Auftritte oder auch für Verabredungen und Dates, bei denen frau einen besonders guten Eindruck hinterlassen mag. Projekte, die in der Vata-Zeit erträumt und in der Kapha-Zeit geplant wurden, können jetzt ideal umgesetzt werden.

Nach dem Eisprung findet eine große Hormonumstellung statt und auch die Doshas verändern sich. Je näher die nächste Blutung rückt, desto aktiver wird wieder das Vata, welches während der Blutung dominiert. Diese Hormon- und Doshaumstellung kann bei einigen Frauen zu dem sogenannten PMS (=prämenstruellen Syndrom) führen.

 

Beschwerden durch Dosha-Ungleichgewicht

Wenn nun ein Dosha bereits dominant oder sogar im Ungleichgewicht ist und der Zyklus dieses Dosha begünstigt, können unterschiedliche Beschwerden auftauchen bzw. wird das Ungleichgewicht verstärkt. Am häufigsten sind bei uns Vata- Pitta-Störungen. Wir haben also zu viel Luft und Feuer in uns und neigen dazu, zu aktiv zu sein.

 

Vata-Beschwerden – was hilft?

Vata ist für Bewegung verantwortlich und somit auch für die Kontraktionen der Gebärmutter, die das Blut aus dem Körper befördern. Bei Frauen mit bereits erhöhtem Vata kann es zu Unterleibskrämpfen kommen, zu Rücken- und Bauchschmerzen, die Blutung kann sehr stark ausfallen und Verdauungsprobleme sind möglich. Kurz vor und am Anfang der Blutung sind diese Beschwerden am größten. Und auch auf unseren Geist nimmt Vata Einfluss –  daher können Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen und allgemeines Unwohlsein auftreten.

Tipps: Es kann helfen, in dieser Zeit Bewegung rauszunehmen und alles ruhiger anzugehen. Wer jeden Monat unter diesen Beschwerden leidet tut gut daran, bereits vor Einsetzen der Beschwerden das eigene Verhalten anzupassen.

Außerdem können erdende und wärmende Lebensmittel dem Vata entgegenwirken. So empfiehlt sich zum Beispiel das Trinken von Süßholzwurzeltee und das Essen von Wurzelgemüse. Sowohl Getränke als auch Lebensmittel sollten ausschließlich warm verzehrt werden. Es sollte auch darauf geachtet werden, sich warm genug anzuziehen und sich nicht unnötig kaltem Wind auszusetzen.

Außerdem kann man dem Trockenen des Vata mit Öl entgegenwirken. Achte gerade hier darauf, deiner Nahrung hochwertige, gesunde Öle zu ergänzen und öle auch deinen Körper mit wärmenden Ölen ein.

 

Pitta-Beschwerden – was hilft?

Bei Pitta-Inbalance kann es in seltenen Fällen zu Beschwerden während des Eisprungs kommen. Häufiger sind dagegen Beschwerden, die circa eine Woche vor der Blutung einsetzen – das sogenannte PMS. Während der PMS-Zeit ist Pitta noch dominant, aber auch Vata kommt wieder stärker dazu. Die heiße Pitta-Energie während des Eisprungs wühlt uns auf. Gerade sensitive Frauen spüren diesen Energieschub oft stark und neigen dann dazu, zu viel zu tun, so dass Pitta noch zusätzlich befeuert wird.

Das erhöhte Pitta kann sich durch Hitzewallungen, starken Appetit/Gelüste, Durchfall und Stimmungsschwankungen bemerkbar machen. Außerdem begünstigt es Entzündungsprozesse im Körper, wodurch verschiedene Beschwerden verursacht werden können.

Auch Kopfschmerzen können ein häufiges Symptom während der PMS und der Blutung sein. Da dies ein sehr komplexes Thema ist, lohnt es sich hier mal in den Podcast von Dr. Nadine Webering reinzuhören. Sie ist Neurologin, Ayurveda-Ärztin und Migräne-Spezialisten.

Tipps:  Bei hohem Pitta hilft kühlen. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Oft haben wir eine Vata- und Pitta-inbalance gleichzeitig. Gehe hier intuitiv vor. Wenn du einen heißen Kopf hast, aber kalte Füße, kühlst du den Kopf, aber wärmst die Füße.

Genau wie bei Vata-Inbalance gilt aber auch hier: nicht zu viel machen. Frauen können sich in den Tagen vor der Periode Rückzug und Ruhephasen einbauen und den Blick mehr nach innen richten.

Achte in dieser Zeit vor allem darauf, deine Leber zu stärken bzw. nicht zu belasten. Die Leber ist stark damit beschäftigt, den Hormoncocktail wieder abzubauen. Verzichte daher lieber auf Alkohol und ernähre dich gesund. Kurkuma kann ebenfalls dabei unterstützen, den Stoffwechsel anzuregen.

 

Kapha-Beschwerden – was hilft?

Wenn Kapha vorherrschend ist, kann sich dies bemerkbar machen, indem die Frau in der zweiten Phase des Zyklus (nach der Blutung bis Eisprung) sehr träge ist. Im Gegensatz zu den Damen, die von Vata- und Pitta-Beschwerden betroffen sind, muss hier nun mehr Bewegung ins Leben gebracht werden, um der Trägheit entgegenzuwirken.

Kapha-Dysbalancen sind meiner Kenntnis nach jedoch seltener und gehen mit deutlich weniger Beschwerden während der Menstruation einher.

 

Was fängst du mit diesem Wissen an?

Der erste Schritt, um deinen Zyklus für dich zu nutzen und eventuellen Beschwerden entgegenzuwirken besteht darin, dich selbst zu beobachten und besser kennenzulernen. Hier kann das Führen eines Menstruationskalenders oder einer App helfen. Wenn du auf diese Weise deine Stimmung und deine Beschwerden festhältst, erkennst du die Muster und kannst die eigenen Emotionen und Befindlichkeiten besser einordnen.

Der zweite Schritt besteht darin, dein Verhalten an deine Bedürfnisse anzupassen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dieser Schritt oft gar nicht leicht ist. Doch ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es mir sehr hilft, zur PMS-Zeit Tempo rauszunehmen. Ich lege mir dort keine Verabredungen oder kommuniziere im Vornherein, dass ich eventuell absagen muss. Auch eine Yogastunde lasse ich mal vertreten, wenn mein Körper mir zeigt, dass ich Ruhe brauche. Als nächstes möchte ich probieren, in der Eisprung-Phase nicht übertrieben aktiv zu sein und auch dort für Ausgleich zu sorgen. Ich bin gespannt, ob das die PMS-Beschwerden lindern wird.

 

Unregelmäßiger Zyklus und Yoga

Doch nicht jede Frau hat einen regelmäßigen Zyklus und bei einigen bleibt die Blutung sogar über lange Zeit aus. Gerade bei einem Kinderwunsch kann dies belastend sein. Warum der Mond bei einem unregelmäßigen Zyklus unterstützen kann, liest du im dritten Blogartikel Menstruation – der Zyklus der Frau und der Mond (Teil 3). Im zweiten Teil Menstruation – der Zyklus der Frau aus Sicht des Yoga (Teil 2) wirst du erfahren, ob du während der Periode Yoga machen darfst, welche Asanas du vielleicht weglassen solltest und welche dich unterstützen können. Sei gespannt!

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