Tofu und Smoothies – was essen Yogis wirklich?
Während meiner 4 Monate Indien habe ich mich in Sachen Ernährung pudelwohl gefühlt. Ich habe dort überwiegend warm gegessen, drei Mahlzeiten am Tag und ausschließlich frische Lebensmittel aus der Region zu mir genommen. Dies macht auch aus ayurvedischer Sicht Sinn.
Im Ayurveda, einer mit Yoga Hand in Hand gehenden Wissenschaft, geht es vor allem darum, mit sich und seiner Umwelt in Einklang zu leben. Eine große Rolle im Ayurveda spielt die Verdauung. Ein Mensch gilt bereits als nicht vollständig gesund bzw. nicht in Balance, wenn die Verdauung nicht gut funktioniert. Die Verdauung gilt als gut funktionierend, wenn wir am Morgen eine vollständige Darmentleerung haben. Und tatsächlich fühlt es sich sehr viel besser an, einmal komplett leer zu sein, bevor man wieder anfängt zu essen.
Im Ayurveda wird von dem Agni, dem Verdauungsfeuer, gesprochen. Unser Verdauungsfeuer verhält sich wie die Sonne und ist somit zur Mittagszeit am stärksten. Es macht daher Sinn, morgens und abends, wenn die Verdauung nicht so stark ist, etwas Warmes, leicht Verdauliches zu essen. Unsere Hauptmahlzeit und schwerer Verdauliches, wie z.B. Salat, sollte mittags gegessen werden. Zwischen den Mahlzeiten darf man dem Darm Pausen und Ruhezeiten gönnen und nur snacken, wenn man wirklich Hunger hat. Außerdem sollten die Mahlzeiten am besten in Ruhe zu sich genommen werden, damit man merkt, wann man satt ist. Es spielt also nicht nur eine Rolle, was wir essen, sondern vor allem auch wann und wie.
Manju Jois: Iss was du willst!
Bei einem Ashtanga Yoga-Workshop in Berlin hatte ich das große Glück den 78jährigen weisen Yogi Manju Jois aus Indien kennenzulernen. Nach dem Workshop durften wir ihm Fragen stellen. Die meisten Fragen zielten darauf ab, konkrete Empfehlungen für das eigene Leben zu bekommen. In jeder seiner Antworten spielte er den Ball jedoch zurück und gab uns zu verstehen, dass nur wir selber wissen können, was das Richtige für uns ist. Auf die Frage, welche Form von Diät er empfehlen würde, antwortete er frei übersetzt: „Du kannst essen was du willst. Wenn du regelmäßig Yoga praktizierst, wirst du aber vielleicht feststellen, dass dir das Steak am vorigen Abend nicht gut getan hat und es irgendwann weglassen.“
Yoga bedeutet Integration und nicht Seperation
Krishna, mein Lehrer aus meiner Ausbildung, hat immer betont, dass Yoga Integration bedeutet und nicht Seperation. Bezogen auf Essen bedeutet das, dass wir nicht blind einer bestimmten Ernährungsweise oder Diät folgen sollten. Es geht vielmehr darum, wahrzunehmen, was das Essen mit uns macht, wie man sich damit fühlt und seine Ernährung entsprechend anzupassen. Es macht daher durchaus Sinn, verschiedene Ernährungsweisen auszuprobieren. Wenn wir uns z.B. nie vegetarisch oder vegan ernährt haben, können wir auch nicht wissen, was das mit uns macht.
Veganer, Fructarier oder doch Flexiganer?
Man hört häufig, dass Yogis vegetarisch essen müssen. Das kommt unter anderem daher, dass es im Yoga auch um eine gewaltfreie Lebensweise geht. Im Ayurveda wird jeder Mensch individuell betrachtet. Es kann also Menschen geben, die wunderbar vegetarisch leben können, andere aber nicht. Eine Ayurveda-Ärztin hat mir empfohlen, dass ich in Indien auf Grund der Wärme vegetarisch leben kann, aber zurück im kalten Deutschland hin und wieder Fleisch essen sollte. Und tatsächlich habe ich in Indien nie das Verlangen Fleisch zu essen, aber in Deutschland träume ich manchmal von den Bouletten von Mama. Es macht aber durchaus Sinn, sich der Herkunft und Entstehung des eigenen Essens bewusst zu sein. Für mich fühlt es sich zum Beispiel nicht gut an, Fleisch aus Massentierhaltung zu mir zu nehmen oder einen Bio-Apfel aus Neuseeland zu kaufen und deswegen mache ich das auch nicht mehr.
Wir wissen was gut für uns ist: warum hören wir nicht darauf?
Allerdings passiert es uns auch immer wieder, dass wir mehr essen, als gut für uns ist oder, dass wir Dinge essen, obwohl wir genau wissen, dass es uns danach nicht gut geht. In diesem Fall lohnt es sich uns selbst zu hinterfragen, warum wir das machen. Häufig geschieht dies aus Unzufriedenheit, weil wir uns für etwas belohnen wollen oder aus Langeweile. Wenn das der Fall ist, ist es vielleicht nötig, ein paar Veränderungen im Leben vorzunehmen.
“Do your practice and all is coming.” – Patthabi Jois
Dieses Zitat von dem Vater von Manju Jois und Begründer des Ashtanga Yoga drückt aus, dass wir „nur“ unserer regelmäßigen Yogapraxis nachgehen brauchen und dann alles von alleine zu uns kommt. Wenn wir regelmäßig Yoga praktizieren, werden wir nach und nach bewusster und kommen immer mehr mit uns und unserer Umwelt in Harmonie. Wenn wir den Yogaweg gehen, werden wir also ganz von alleine immer mehr die Dinge essen, die uns gut tun und unserer Umwelt möglichst wenig schaden.
Was ist also die Antwort darauf, was Yogis essen? Sie essen, was sich gut anfühlt!
Wenn du mehr über Ernährung und Ayurveda erfahren möchtest, empfehle ich dir das Buch Dein Neuanfang mit Ayurveda von Dana Schwandt. Dort wird die ayurvedische Lebensweise sehr verständlich erklärt und es werden leicht umsetzbare Tipps für den Alltag gegeben.
Und wenn du mal ein warmes indisches Frühstück essen magst, probiere doch mein Poha-Rezept aus.
Namaste und lasst es euch schmecken,
Eure Lea
Danke für diesen spannenden Artikel, eine sehr schöne Sichtweise, die wirklich weise ist.
Vielen Dank für das schöne Feedback, liebe Canan! Ich freue mich 🙂