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Yoga heißt Verbindung – nicht Ausgrenzung: Warum Diskriminierung im Yoga keinen Platz hat

Vor kurzem habe ich an einem Retreat in Kroatien teilgenommen – an einem abgelegenen Ort, bei einer Lehrerin, die ich bislang sehr geschätzt hatte. Es sollte eine Zeit für mich werden mit Ruhe und Verbindung, doch ich machte dort eine Erfahrung, die mich sehr verstört hat.

In einem sogenannten Healing Circle äußerte eine Teilnehmerin eine diskriminierende Bemerkung über lesbische Frauen – und die Lehrerin ließ sie unkommentiert stehen. Die Regel lautete: nur zuhören, nicht antworten. Das löste viel Widerstand in mir aus: ich wollte widersprechen. Die Aussage stand für mich im totalen Gegensatz zu meiner Wahrheit und es war für mich vollkommen unangebracht. Auch habe ich mir Gedanken gemacht, wie es den anderen, tlw. noch jungen Frauen in der Runde damit geht, und ob sich jemand ausgegrenzt fühlt.

Später fielen weitere abwertende Kommentare über Genderfluidität, Transgender und Homosexualität – Sätze wie: „Die sind jetzt überall und haben sogar eigene Cafés.“ Vergeblich habe ich darauf gewartet, dass die Gastgeberin Stellung bezieht und als das nicht geschah den Mut gefasst, mich selbst zu positionieren. Als ich das Thema ansprach, wurde mir vorgeworfen zu urteilen und niemand gab mir recht oder stellt sich an meine Seite. Diese Erfahrung war schmerzhaft. Nicht nur, weil ich eine mir wichtige Lehrerin verlor, sondern weil sie im klaren Widerspruch zur Yogalehre steht.

Yoga bedeutet Verbindung

Yoga heißt wörtlich „Einheit, Verbindung“.
Es erinnert uns daran, dass wir alle Ausdruck derselben Quelle sind – jenseits von Hautfarbe, Geschlecht, Identität oder sexueller Orientierung.

In der Tiefe sind wir Ātman – das wahre Selbst.
Und dieses Selbst hat kein Geschlecht. Keine Religion. Keine Grenzen.
Die Seele ist jenseits jeder Zuschreibung.

In der indischen Tradition wird diese Einheit auf wunderschöne Weise verkörpert durch die Gestalt von Ardhanārīśvara – halb Shiva, halb Shakti.
Dieses göttliche Symbol zeigt, dass männliche und weibliche Energien in Wahrheit eins sind – zwei Pole derselben Kraft, die sich gegenseitig ergänzen.
Auch Vishnu, der Bewahrer, nimmt in verschiedenen Inkarnationen unterschiedliche Formen an, manche davon jenseits des binären Geschlechterverständnisses.
Diese Mythen erinnern uns daran, dass Genderfluidität kein modernes Konzept, sondern seit Jahrtausenden Teil spiritueller Weisheit ist.
Yoga ruft uns auf, diese Ganzheit in uns selbst zu erkennen – jenseits der Grenzen, die wir Menschen geschaffen haben.

Die Ethik des Yoga ruft zur Inklusion auf

Die Yamas und Niyamas – die ethischen Grundlagen des Yoga – laden uns dazu ein, mit Mitgefühl, Wahrhaftigkeit und Gleichmut zu leben.

  • Ahimsā – Gewaltlosigkeit – lehrt uns, niemandem Schaden zuzufügen, weder in Gedanken, Worten noch Taten.

  • Satya – Wahrhaftigkeit – bedeutet, die Wahrheit zu sprechen, auch wenn sie unbequem ist.

  • Aparigraha – Nicht-Anhaften – erinnert uns daran, nichts festzuhalten, auch nicht unsere Vorurteile oder unser Bedürfnis nach Kontrolle.

Wenn wir diese Prinzipien wirklich leben, kann Diskriminierung keinen Platz haben. Yoga-Ethik bedeutet Inklusion.

Spiritualität ist keine Entschuldigung für Schweigen

Gerade in spirituellen Kontexten wird Diskriminierung oft subtil: als „Energie-Thema“, als „Unbewusstheit“ oder als „jeder hat seine Wahrheit“. Doch echtes spirituelles Wachstum erfordert Mut, hinzuschauen – und Verantwortung zu übernehmen.

Wenn wir in der Yogaszene über Liebe, Einheit und Bewusstsein sprechen, dürfen wir nicht schweigen, wenn Menschen aufgrund ihrer Identität abgewertet werden.

Spiritualität ist niemals eine Entschuldigung für Diskriminierung.

Verantwortung als Gemeinschaft

Yoga gehört allen.
Und als Yogalehrende und Praktizierende tragen wir Verantwortung, Räume zu schaffen, in denen sich jede Person sicher und gesehen fühlen darf – unabhängig von Gender, Identität oder Liebe.

Lasst uns als Gemeinschaft Zeichen setzen:
Für Toleranz.
Für Vielfalt.
Für Menschlichkeit.

Denn Yoga ist Verbindung – nicht Ausgrenzung.

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